14.03.2014
Benefiz und Biss beim Bockbierfest

Benefiz und Biss beim Bockbierfest
Eichstätt (EK) Die Durststrecke ist vorbei. Eichstätt hat wieder einen kabarettistischen Starkbieranstich in bester Nockherberg-Art beziehungsweise, um im Lokalkolorit zu bleiben, „Fensterputzer“-Manier. Zweimal volles Haus im Alten Stadttheater: Das darf als gelungene Premiere gelten.

Obwohl die Kundschaft am Freitag auf ihren „Alligator“ streckenweise lange warten musste – ein Stromausfall an der Zapfanlage soll da dem Vernehmen nach auch mit schuld gewesen sein.

In den 90er und 00er Jahren hatten die legendären „Fensterputzer“ um Walter Eisenhart als Garanten lokalpolitisch-spitzfindiger Starkbieranstiche in der Stadt gegolten. Mit dieser Truppe wollte sich der Veranstalter des diesjährigen Bockbierfestes bewusst nicht messen: Der rührige Adalbert Lina, der mit seinen Benefizführungen „Eichstätt für Eichstätter“ inzwischen fünfstellige Summen zusammengesammelt hat, wollte als Benefizveranstaltung zugunsten des Sozialfonds ein neues Bockbierfest auf die Beine stellen und konnte die erste Liga der heimischen Kabarett-Kreativen zum kostenlosen Mitmachen erwärmen. Die Stahlblosn übernahm die musikalische Umrahmung.

Melanie Arzenheimer, inzwischen bekanntlich als Münchner Turmschreiberin geadelt, schlüpfte in ihre Paraderolle der Frau Professor Dr. Amalia Stürzenhofecker-Pasatelski und begeisterte ihr Publikum mit ihrer Stadtratskandidatur-Rede, mit der sie die Stadt senioren- und touristengerecht in eine „Slow Foot City“ umwandeln wollte. Die touristischen Schleichwege wären zwischen den Toiletten am Domplatz, dem Domcafé und den WCs am Herzogsteg anzusiedeln. Das Motto: „Langsam, ganz langsam“ passe zu Eichstätt. Rollatorgerechte Wegstrecken gebe es auch immer mehr – siehe Asphaltstreifen am Marktplatz. Wie das mit einer „Pssst“-beschilderten Schlafsiedlung gelingen könne, mache ja das Seidlkreuz als „Slow-Foot-Mustersiedlung“ derzeit vor.

Um noch mehr Ruhe in die Stadt zu bekommen, seien nicht nur verkaufsoffene Sonntage zu verhindern, sondern auch verkaufsoffene Donnerstage, Freitage, und Samstage. Zur Vermarktung diene „Sankt Latscharus“, dessen „Latschen“ beziehungsweise „Schlappen“ aktuell als „Wahlschlappen“ touristisch bestens angepriesen werden könnten. Arzenheimer zeichnete auch als Autorin des Singspiels verantwortlich: Ein Kindergeburtstag vor 30 Jahren – der Andy hatte eingeladen. Das passte wunderbar, denn Oberbürgermeister Andreas Steppberger feierte an diesem Bockbierfestfreitag tatsächlich seinen 37. Geburtstag und amüsierte sich sichtlich bestens über diese Aufmerksamkeit.

Unter der Regie von Hans-Peter Schneider verwandelte die Mut e.V.-Truppe den Stadtrat in einen turbulenten Kindergeburtstag. Ausgerichtet wurde dieser von der über allem herrschenden und doch fürsorglichen „Mama Eva“ (Gottstein, gespielt von Veronika Hallmeier) für ihren kleinen Andy (Steppberger, gespielt von Peter Dickmann), den sie auch zur Klassensprecherwahl getrieben hatte. Natürlich durfte der Hans (Bittl, gespielt von Georg Heberl) nicht fehlen – der neue beste Freund vom Andy; dazu der ewig mürrische Max (Pfuhler, gespielt von Dirk Lina), die überkandidelte „Knipsi“ (Manuela Knipp-Lillich, gespielt von Michaela König) und die permanent auf Facebook postende Carmen (Albrecht, gespielt von Sisi Wein). Das hätte ein lustiger Kindergeburtstag werden können, wäre nicht der schreckliche Manfred (Janner, als Napoleon gespielt von Mark Banzer) durch Facebook auf die Party aufmerksam geworden. Weil sein fachspezifisches Geschwurbel zur mangelhaften Geburtstagstortenstatik keiner mehr aushalten mochte, wurde ihm schließlich mit vereinten Kräften mithilfe eines alten Hawaihemds (das noch vom „Nulf“, Ex-OB Neumeyer, übrig war), der Mund gestopft und er an der Haifischbar angekettet: Mit Blickrichtung auf die Spitalstadt – als schlimmstmögliche Strafe für das ästhetische Auge.

Vor dem Singspiel hatten Evi Vierring und Thomas Weidenhiller beim „Stadtratsch“ großen Applaus bekommen. Die beiden Vollblutkomödianten – als Duo verschiedener Theaterproduktionen bestens eingespielt – nahmen als Bademeister und „Bodweib“ kommunalpolitische Themen aufs Korn – vom verschobenen Christbaum, der dringend wieder in die Mitte des Domplatzes rücken müsse, bis hin zum Landrat, der wohl das Landratsamt in den nächsten Jahrzehnten nach Gaimersheim verlagern werde. Da wurde ein Sponsor für den VfB gefunden („Ernst-Meier-Stadion“), und ernsthaft überlegt, was man denn als Stadtrat können müsse, nämlich: „Nix!“.

Am Kommunalwahl-Wochenende war die Politprominenz zumindest am Freitagabend fast ausnahmslos persönlich anwesend, um sich von der Bühne herab derblecken zu lassen – aber auch die Wiederholung am Samstagabend war nahezu ausverkauft. Veranstalter Bert Lina rechnet mit rund 8000 Euro, die er dem Sozialfonds der Stadt zuführen kann. Und Hofmühl-Bräu Stephan Emslander, der die Moderation übernommen hatte, war von diesem Rahmen für seinen Starkbieranstich eh begeistert: „Für einen guten Zweck Bier zu trinken, ist mir absolut sympathisch.“

Von Eva Chloupek und Marco Schneider Eichstätter Kurier vom 17.03.14