22.05.2014
Podiumsdiskussion der Freien Wähler zum Volksbegehren für Schulreform an bayerischen Gymnasien
„Wie geht es weiter an den bayerischen Gymnasien?“ So lautete das Motto einer Diskussionsrunde der Freien Wähler zum Thema G8 und G9, die am Mittwochabend den 22.Mai im Domcafé in Eichstätt stattfand.Grundlage ist das Volksbegehren der Freien Wähler, welches Eva Gottstein (Landtagsabgeordnete und Mitglied im Bildungsausschuss) und ihr Landtagskollege Michael Piazolo vorstellten. Wie Piazolo gleich zu Beginn erklärte, sei der Gesetzesentwurf des Volksbegehrens „absichtlich dürr“ gehalten. Das solle Raum lassen, um den Vorstoß auch mit den Vorschlägen des bayerischen Philologenverbands und der Elternverbände kombinierbar zu machen. „Wir sagen nicht: Neun jähriges Gymnasium und damit sind alle Probleme gelöst,“ betonte Piazolo. Die Freien Wähler möchten es in Zukunft Gymnasiasten ermöglichen, zwischen G8 und G9 zu wählen.Martina Edl, Stadträtin in Eichstätt und vierfache Mutter, kennt beide Schulmodelle aus eigener Erfahrung. „Meine Kinder sind vom G8 regelrecht geschädigt worden.“ Es werde ein enormer Druck aufgebaut, dem etwa 70 Prozent aller Schüler nicht gewachsen seien. Ein Treffen der Elternbeiräte der beiden Eichstätter Gymnasien hätte gezeigt, so Edl, dass die meisten Eltern bereits resigniert haben –statt einer Rückkehr zum G9 befürworte ein Großteil ein achtjähriges Gymnasium mit „entschlacktem Lehrplan“. Dass der „überstürzt eingeführte G8-Lehrplan deutliche Mängel aufweist“, hat Pablo Schenkel als Schüler am Eichstätter Willibald-Gymnasium selbst erlebt:„Wir haben in Ma- the erst dann gelernt, Wurzeln zu ziehen, als wir das in Physik schon nicht mehr gebraucht haben.“ Auch Karin Leibl, die den Bayerischen Lehrerverband in der Diskussion vertrat, unterstützte die Kritik: „Das G8 ist gescheitert. Es fehlt die Zeit für Bildung, stattdessen soll nur noch möglichst viel Wissen in kurzer Zeit vermittelt werden.“Bei der aufkommenden Diskussion um die Frage, ob der Vorschlag der Freien Wähler, sowohl G8 als auch G9 anzubieten, an kleineren bayerischen Gymnasien überhaupt realisiert werden kann, wurde Gottstein sehr deutlich:„Wir laufen in die Falle, wenn wir uns in diesem Punkt spalten lassen.“ Kultusminister Spaenle, so Gottstein, würde die Pläne deshalb als nicht realisierbar bezeichnen, da im Ministerium der Wille zur Umsetzung fehle. Mangelndes Engagement bei der Umsetzung von Schulreformen –das, so wurde aus mehreren Redebeiträgen deutlich, sehen viele auch bei den Direktoren der bayerischen Gymnasien. Abschließend waren sich die Podiumsteilnehmer und das Publikum einig, dass die Bildungspolitik für die Schüler und nicht zugunsten der wirtschaftlichen Interessen gestaltet werden müsse. Piazolo verwies darauf, dass das G8 nicht zuletzt aufgrund der Forderung von Arbeitgebern nach jüngeren Absolventen eingeführt worden sei: „Das Gegenteil von Kindeswohl sind Human Ressources.“ Ironischerweise seien es jedoch gerade die Unternehmen, die häufig beklagen, dass es den jungen Berufsanfängern an Praxiserfahrung und Reife fehle. Auch ein politischer Denkfehler, wie Gottstein erläuterte: Durch den Wegfall von Wehrpflicht und Zivildienst so- wie die frühere Einschulung von Erstklässlern sind heute viele der G8-Absolventen beim Beginn ihres Studiums noch nicht einmal volljährig. Doch was halten die betroffenen Schüler von der Debatte? Wie Pablo Schenkel als einziger anwesender Gymnasiast feststellte, ist das eigentlich für die politische Entscheidungsfindung völlig egal: An der Abstimmung zum Volksbegehren der Freien Wähler vom 3. bis 16.Juli dürfen Minderjährige ohnehin nicht teilnehmen.